top of page

Görlitz

Kategorie: Mittelstadt

Einwohnendenzahl: 60.765 (Stadt Görlitz 2024a)

Fläche: 67,93 km²

Bundesland: Sachsen

Stadtgefüge

Mit dem Zug geht es von Berlin aus über Cottbus Ende August nach Görlitz. Es ist kurz vor den Landtagswahlen. Der Bahnhof in Görlitz erscheint bei der Ankunft am frühen Vormittag verschlafen. In der Bahnunterführung gibt es Fahrradstellplätze und sogar eine Reparaturstation. Die Fahrradstellplätze sind größtenteils belegt. Das Bahnhofsgebäude hinter sich lassend geht es zu Fuß entlang der Berliner Straße und der Straßenbahnlinie in Richtung Altstadt. Gebäude werden renoviert, einige Geschäfte sind bereits geöffnet und weitere Fußgänger:innen sind unterwegs. Der Weg führt am Muschelminnabrunnen, der historischen Postbank-Filiale, der Frauenkirche und dem leer stehenden imposanten Kaufhaus Görlitz vorbei. Am Frauenturm und entlang der Elisabethstraße wird die Straße umgebaut. Weiter geht es in Richtung Obermarkt, hier fand die Tage zuvor scheinbar ein großes Stadtfest statt, welches nun abgebaut wird. Der Obermarkt wurde im Zuge der Stadterweiterung im Jahr 1250 zum neuen großen Handelsplatz der Stadt erkoren. Die Stadt Görlitz war eine prosperierende Handelsstadt, die aufgrund ihrer Lage an der "via regia" (Hohe Straße") vom Fernhandel profitierte (Stadt Görlitz 2024a). Wenige Meter weiter am Untermarkt, direkt am Rathaus, der auf dem hohen Ostufer der Neiße um 1220 entstand und als Handelsplatz von Fernhändlern diente, werden Stände abgebaut, die an ein Mittelalterfest erinnern (ebd). Die Altstadt ist sehr ruhig und scheint verschlafen an diesem Montagvormittag. Vereinzelt unterwegs sind Tourist:innen die ebenfalls das stattliche Rathaus von allen Seiten fotografieren. Viele Arbeiter:innen sind unterwegs, die abbauen unddie großen Gerüste abtransportieren. Von der Pfarkirche St. Peter fällt der Blick auf die Dächer und Häuser der Nachbars- und Grenzstadt Zgorzelec. Eine Fußgängerbrücke ermöglicht eine schnelle Überquerung der Lausitzer Neiße, die die zwei Städte auch räumlich voneinander trennt.

Das Alte Neue Rathaus

Das Rathaus am Untermarkt unterteilt sich in das "Alte Rathaus" aus dem 14. Jahrhundert und dem "Neuen Rathaus", welches 1902 erbaut wurde. Alte Rathaus Das Rathaus Görlitz entstand in der Mitte des 14. Jahrhundert (Hoche 2023:101). Das Stadtrecht erhielt Görlitz im Jahr 1303 (ebd.). Das Görlitzer Rathaus veränderte sich kontinuierlich und bezog benachbarte Gebäude mehr und mehr ein. Durch diesen Ausdehnungsprozess entstand ein Komplex aus verschiedenen Baukörpern (Hoche 2023:102). Aus vorgotischer Zeit gehört zum ältesten Teil des Rathauses der unterere Teil des Turms sowie das nördlich anschließende Gebäude. In den 1870er-Jahren wurden nahezu alle Fassaden des Rathauses im Stil der Neorenaissance gestaltet (Hoche 2023:103). Die sogenannte Königsstube befindet sich im 1. Obergeschoss und ist heute das Zimmer der:des Oberbürgermeister:in. Die geschwungene Rathaustreppe zwischen Turm und dem dem Zugang zum Gerichtstrakt wurde in der Renaissancezeit neu gestaltet. Die Treppe führt zum Gerichtsflügel und zur Ratskanzel, die mit Reliefs geschmückt wurde (Hoche 2023:106f.) Herzstück des Rathauses ist der kleine Ratssitzungssaal. Mit der Einführung der preußischen Städteordnung, einer rasant wachsenden Stadt und somit kommunalen Aufgaben im Jahre 1833 entstand ein von Bürgerschaft gewählter und größerer Stadtrat (Hoche 2023:117). Der kleine Sitzungssaal wurde daher durch einen größeren Saal im hinteren Teil des Gebäudes Untermarkt 8 ergänzt. Noch heute tagt der Görlitzer Stadtrat im großen Sitzungssaal. Aufgrund des wachsenden Raumbedarfs wurde sich für ein Erweiterungsbau entschieden. Das anliegende Bürgerhaus gelang 1847 endgültig in kommunale Hand (Hoche 2023: 117). Neue Rathaus Für den Erweiterungsbau mussten zwei Bürgerhäuser weichen, Elemente wie die sechs Arkaden wurden für die neue Gestaltung im Stil der Neorenaissance wiederaufgegriffen und fanden ihren Abschluss der Fertigstellung im Jahr 1902/03 (Hoche 2023:119). Schmuckelemente an der Fassade, das Wappen, die monumentale Größe des Gebäudes verdeutlichen die symbolische Strahlkraft und Repräsentationswillen (Hoche 2023:119). Auch im Rathaus Görlitz trafen unterschiedliche Nutzung aufeinander. So wurden die Räumlichkeiten von der Sparkasse bis 1913 genutzt, im Untergeschoss gab es den Ratskeller und im Nordflügel wurde auch ein Gefängnistrakt eingerichtet (Hoche 2023:120). Das Rathaus Görlitz wirkt imposant. Der Eingang hingegen ist fast schmal und dunkel. An der Pforte kann die Post abgegeben werden und im Erdgeschoss auf der linken Seite befindet sich der Trausaal. Vor der Tür mit den zwei Eheringen drauf gibt es Sitzmöglichkeiten und eine öffentliche Toilette. Der Paternoster auf der rechten Seite vom Eingang ist leider nicht mehr aktiv. Dafür gibt es neue moderne Aufzüge.

Von der Jägerkaserne zum Stadthaus

Das Stadthaus in Görlitz befindet sich in der ehemaligen Jägerkaserne, die zwischen 1854 und 1858 errichtet wurde. Das Gebäude diente bis zum 1945 militärischen Zwecken. Nach dem Krieg wurde das Gebäude anfangs für Geflüchtete aus den Gebieten der östlichen Lausitz genutzt und bis zur Wende als Wohnkomplex genutzt. 1990 begann die Stadt die denkmalpflegerische Sanierung und Umgestaltung des Baus. Heute nutzt die Stadtverwaltung die Räumlichkeiten. Im Erdgeschoss im westlichen Flügel befindet sich das Amt für Stadtentwicklung, Städtebau, Stadtsanierung und Geoinformation. Flankiert von den beiden Seitenflügeln des Gebäudes befindet sich hinter dem Gebäude ein Parkplatz mit einem kleinen überdachten Pavillon. Die Wände im Erdgeschoss werden auch als Ausstellungsfläche von Studierendenprojekten genutzt. Ein Flächennutzungsplan ist an die Wand angebracht. Entlang des Gangs gibt es immer wieder Sitzmöglichkeiten. Des Weiteren ist Informationsmaterial ausgelegt, beispielsweise zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept der Stadt Görlitz und aktuelle Veranstaltungshinweise. Am Ende des Ganges steht ein Tisch mit einem Stuhl, ein Aktenordner und einem Bebauungsplan, der an einer Magnetschiene befestigt ist.

Literatur- und Quellenverzeichnis

Hoche, Siegfried (2023): Das Ratsarchiv Görlitz, Das Gedächtnis der Stadt, Verlag Gunter Oettel Stadt Görlitz (2024): Stadt- & Ortsteile, letzter Zugriff 18.09.2024, https://www.goerlitz.de/Stadt-_Ortsteile.html

bottom of page